Heute im Blog: Ein Metzger überrascht alle
- Frank Polke
- vor 2 Tagen
- 3 Min. Lesezeit
Viele Namen im Kabinett Merz waren schon vorher bekannt, doch gerade beim neuen Landwirtschaftsminister gab es eine faustdicke Überraschung

Zuerst sollte es Günther Felßner werden. Der Chef des Bayrischen Landwirtschaftsverbandes wurde im Wahlkampf sehr früh von Markus Söder aufs Schild gehoben. Doch nach einer überfallartigen Protestaktion von Naturaktivisten, die seinen landwirtschaftlichen Betrieb heimsuchten und die Familie in Angst und Schrecken versetzten, zog Felßner seine Bewerbung für das Berliner Amt zurück. Offen ist geblieben, ob es noch andere Gründe für den Verzicht von Felßner gab oder nicht. So mussten die CSU-Granden schnell einen neuen Kandidaten fürs Agrarministerium suchen. Gerüchten zufolge versuchte die Parteispitze um Söder und auch den ehemaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer die amtierende bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber für den Job im fernen Berlin zu begeistern. Erfolglos offenbar, da Kaniber doch lieber in München bleibt.
„Leberkäse statt Tofu-Tümmelei“
Am Montag also präsentierte – kurz nachdem der CDU-Chef Friedrich Merz seine Minister und Staatssekretäre vorgestellt hatte – Söder seinen neuen Kandidaten fürs Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und (neu) Heimat: Alois Rainer. Mit dem 60-jährigen Bundestagsabgeordneten aus Straubing hatten selbst Insider der Agrarbranche und Journalisten nicht gerechnet. Er sei der „perfekte Kandidat für das um das Thema ‚Heimat‘ erweiterte Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Statt des grün-veganen Özdemir kommt jetzt der schwarze Metzger“, spielte der bayrische Ministerpräsident gewohnt bilderreich auf die berufliche Vita seines Überraschungskandidaten an. „Jetzt gibt es wieder Leberkäs' statt Tofu-Tümelei“, ergänzte Söder.
Ungeachtet dieser gewohnt eingängigen Worte seines „Chefs“ macht die Wahl von Alois Rainer aber für die CSU durchaus Sinn: Der langjährige Bundestagsabgeordnete holte stets verlässlich gute Stimmergebnisse in seinem Wahlkreis Straubing (zuletzt satte 44 Prozent), gilt als seriös und fleißig. Und ist durch seine Vita als gelernter Metzgermeister bodenständig im besten Sinn. Das streichelt nicht nur die bayrische Volksseele, sondern dürfte auch eine Konsequenz aus der Tatsache sein, dass es im designierten Kabinett Merz eine Vielzahl von Juristen gibt. Als Parlamentarische Staatssekretärin werden Rainer, dessen Schwester die ehemalige Ministerin und Bundestagsvizepräsidentin Gerda Hasselfeldt ist, die CSU-Bundestagsabgeordnete Martina Englhardt-Kopf sowie die bisherige stellvertretende Fraktionschefin Silvia Breher zur Seite stehen. Die CDU-Politikerin galt selbst als aussichtsreiche Ministerkandidatin, fiel aber wohl dem internen Unionsproporz zum Opfer.
Vom – gerade für die Union stets wichtigen – regionalen Ausgleich konnten hingegen einige andere Ministerkandidaten profitieren. So gilt die für das Wirtschaftsministerium gesetzte Katharina Reiche als weibliche Vertreterin aus den östlichen Landesverbänden, weil sie in Brandenburg ihre Heimat hat. Doch die 51-jährige ehemalige Staatssekretärin arbeitet (und lebt) heute in erster Linie in Nordrhein-Westfalen. Seit 2020 ist die gelernte Chemikerin nämlich Vorsitzende der Geschäftsführung des Unternehmens „Westenergie“, einer Tochter des Stromkonzerns Eon. Seit Juni 2020 ist Reiche zudem Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrates der Bundesregierung. Ihre Kontakte in und mit der Politik ließ sie nie ruhen. Genau diese Expertise ließ Merz auf sie aufmerksam werden – trotz räumlicher Distanz.
Überraschung auch beim Thema Gesundheit
Viel näher arbeitete der designierte Kanzler aber seit dreieinhalb Jahren mit Nina Warken zusammen. Die Rechtsanwältin war seit der Wahlniederlage 2021 Parlamentarische Geschäftsführerin in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, wirkte also zu Zeiten der Opposition im Maschinenraum des Berliner Regierungsapparats. Dies zur Zufriedenheit des neuen Kanzlers. Zudem sprach ihre Herkunft aus Tauberbischofsheim für die 45-Jährige. Berührungspunkte zu den Themen Gesundheit sind bei ihr allerdings nicht überliefert. Es wird spannend zu beobachten sein, ob gerade in diesem fachlich und emotional schwierigen Amt dies noch zu einem Nachteil wird.
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